Seiten

Dienstag, 21. Juni 2011

Atomausstieg stärkt Marktmacht der Energiekonzerne

Atomkraftgegner, allen voran die Grünen, Greenpeace und Umweltorganisationen, tragen dazu bei, dass die Marktmacht der vier Energie-Konzerne wachsen wird. "Kurzfristig besteht deshalb auch die Gefahr, dass die Macht der großen Konzerne eher noch zunimmt. Wir brauchen jetzt plötzlich wieder alte fossile Kraftwerke, die längst abgeschaltet waren. Das kann nur über die großen vier laufen, deren Marktmacht wird daher zunächst mal gestärkt", sagte Andreas Mundt, der Präsident des Bundeskartellamts. (Konrad Fischer, Bundeskartellamt: Die Macht der großen Stromkonzerne nimmt zu, in: Wirtschaftswoche, 18.06.2011)

Mundt sieht Wege, bei den erneuerbaren Energien einen Wettbewerb zu entfesseln. Und irgendwie wirkt die Idee, über Gesetze "Möglichkeiten der Hersteller zur Selbstvermarktung zu stärken", kreativ und nett, ebenso die Idee der Bundesregierung, eine "Markttransparenzstelle" einzurichten, die Preistreiberei verhindern soll.

Gibt es da nicht eine Bundesnetzagentur mit 2.600 Mitarbeitern, die dies wirkungsvoll verhindern könnte? Denn schließlich ist die Bundesnetzagentur eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, mit Sitz in Bonn. Sie ist für den Wettbewerb auf den fünf Netzmärkten Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnverkehr verantwortlich. Ihre Aufgabe besteht darin, "durch Liberalisierung und Deregulierung für die weitere Entwicklung auf dem Elektrizitäts-, Gas-, Telekommunikations-, Post- und seit dem 1. Januar 2006 auch auf dem Eisenbahninfrastrukturmarkt zu sorgen". Und: "Zur Durchsetzung der Regulierungsziele ist sie mit wirksamen Verfahren und Instrumenten ausgestattet worden, die auch Informations- und Untersuchungsrechte sowie abgestufte Sanktionsmöglichkeiten einschließen."

Wozu braucht die Bundesregierung dann noch eine "Markttransparenzstelle"?

Mittel- bis langfristig entstehe durch den Atomausstieg "Spielraum für neue Akteure, die bisher keine Chance hatten", glaubt Mundt. "Zumindest könnte sich eine aufgelockerte Landschaft ergeben". Der Kartellamtschef gibt jedoch zu: "Denn trotz aller Bemühungen in der Vergangenheit, den Markt zu liberalisieren: Der Status quo ist ein Markt, der von vier großen Konzernen beherrscht wird" und die die jetzigen Marktführer werden zunächst "die mit Abstand mächtigsten Konzerne bleiben". Zunächst?

Zwar hoffen gemeinsam mit Mundt, ermuntert durch die vollmundigen Versprechen der Regierung, der Parteien, Kirchen und vieler NGO, dass auch viele kleinere Hersteller davon profitieren werden, denn: "Der Kuchen der erneuerbaren Energien muss erst noch verteilt werden. Bei großen Projekten wie ausgedehnten Offshore-Parks haben die etablierten Anbieter Startvorteile. Aber hier bieten sich auch Chancen für neue Wettbewerber." Das ist richtig, vor allem für neue Energieriesen aus dem Ausland.

Mundt setzt Hoffnungen auf große Stadtwerke und Verbünde, denen er zutraut, im Bereich der Stromproduktion den Wettbewerb beleben, obwohl er, wie er hinzufügt, "den aktuellen Trend zur Rekommunalisierung auch sehr kritisch" sieht. Aber die Beherrschung des Marktes durch die vier großen Konzerne sieht er nicht gefährdet.

Erst vor wenigen Monaten hat der Kartellamtspräsident durch seine Warnung vor der Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel auf sich aufmerksam gemacht.
Vor gut zehn Jahren, sagt Mundt, hätten sich noch sieben Handelsunternehmen 70 Prozent des Marktes geteilt (in: Tagesschau.de, 27.02.2011). "Jetzt haben wir es mit den vier großen Handelskonzernen Edeka, Rewe, der Schwarz-Gruppe und Aldi zu tun, die 85 Prozent der Nachfrage im Lebensmitteleinzelhandel auf sich vereinen", sagte Mundt. Verhältnisse wie in anderen europäischen Ländern mit ein oder zwei dominierenden Anbietern müssten verhindert werden: "Irgendwann ist es mit den schönen niedrigen Preisen vorbei. Marktmacht kehrt sich ins Gegenteil um."

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen