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Samstag, 4. Juni 2011

Atomausstieg - Deutschlands teure Entscheidung

Deutschlands teuerer Beschluss, die Atomkraft aufzugeben ("Germany's costly decision to give up nuclear power") lautet die Überschrift eines Artikels in dem Online-Magazin "The Christian Science Monitor", vom 02.06.11.

Das Magazin kommt zu dem Ergebnis, dass, unbeachtet dessen, wieviel dieser Ausstieg ungefähr kosten wird und unabhängig von der politischen Motiviation, etwas an diesem Sprung in die Zukunft aufregend ist und stellt fest: Die Deutschen sind Leute, die anpacken ("The Germans are a can-do people"). Als Anerkennung würde ich diese Bemerkung nicht werten. Das Magazin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Deutschland seinen Energieverbrauch aus erneuerbaren Energien im letzten Jahrzehnt verdoppelt hat. Ein Spung dieser Größenordnung sei nicht ratsam, aber, da die Entscheidung nun einmal getroffen sei, werde die Welt beobachten, ob es funktioniert - und welche Konsequenzen daraus gezogen werden können.

In der Begründung seiner Skepsis gegenüber dem Atomausstieg unterscheidet sich der Monitor nicht von der Kritik hierzulande. Dennoch ist es interessant, den Kommentar zu verfolgen, weil der Monitor einen hohen ethischen Anspruch an sich selbst stellt, der in Deutschland von den Gegnern der Kernenergie (Ethik.Kommision) ausschließlich für Atomgegner reklamiert wird.

Mit der Entscheidung zum Atomaustieg, schreibt der Monitor, habe Merkel vielleicht einen politischen Zusammenbruch für sich und ihre Partei verhindert, aber für die Deutschen werde diese Entscheidung voraussichtlich wirtschaftliche, ökologische und geopolitische Kosten nach sich ziehen.
Die Ereignisse in Fukushima hätten in Deutschland erdbebennähnliche Proteste ausgelöst. Lokale Wahlniederlagen hätten einen Verlust der politische Kontrolle der Christlich Demokratischen Partei über das Land ankündigt. Mit ihrem Atomkraft "nein, danke" habe Merkel den Weg zu einer möglichen Koalition mit der populären Partei der Grünen nach der nächsten Bundestagswahl frei gemacht.
Seit dem Unfall in Fukushima haben die Länder aus der Sicht des Monitor richtigerweise Sicherheitsüberprüfungen für die Atomindustrie forciert. In Anbetracht der globalen Erderwärmung und Abhängigkeit vom Öl wäre es aber ein klarer Kurs gewesen, die nuklearen Pläne und die Sicherheit zu überprüfen und auf den neuesten Stand zu bringen, aber nicht eine saubere Energiequelle aufzugeben.
Die Kosten für Deutschland seien vorauszusehen:
Die Strompreise werden sich sicherlich erhöhen, vermutet Monitor, sobald die Regierung teurere und weniger zuverlässige erneuerbare Energien fördert, um die nukleare Lücke auszugleichen. Die Wirtschaftsproduktion, die von Elektrizität stark abhängig ist, könnte ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Es wird darauf hingewiesen, dass die Betreiber der Atomkraftwerke  Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe stellen bzw. stellen können. Die Energiepreise werden auf jeden Fall steigen, weil Emissionsabgaben gezahlt werden müssen und weil die Nachfrage nach fossilen Rohstoffen weltweit steigt. Aber Merkels Entscheidung werde das Problem verschlimmern.
Die Antiatom-Politik werde bereits in kurzer Zeit einen Umweltzoll fordern. Analysten fragten sich, wie der Wechsel möglich sein soll, ohne sich stärker auf Kohle und insbesondere auf Naturgas zu stützen. Das letztere mag zwar sauberer sein als Kohle, aber es setzt Treibhausgase frei - und die neue Fracking-Methode zur Gasgewinnung sei umstritten. Reuters berichtet, das durch den Ausstieg aus der Kernenergie der zusätzliche Kohlendioxid-Ausstoß jährlich 40 Millionen Tonnen betragen werde. ("German nuclear cull to add 40 million tones CO2 per year", Reuters, 31.05.11)
Und woher will Deutschland sein zusätzliches Gas beziehen? Es könnte noch stärker von Russland abhängig werden, das Gasimporte und Gasleitungen dazu benutzt hat, europäische Länder zu erpressen und zu spalten. Andererseits könnte Deutschland über die Nabucco-Pipeline von Aserbeidschan, die um Russland herum führen soll, versorgt werden.
Mit ihrer Entscheidung habe Merkel Deutschland dazu verpflichtet, den Anteil der erneuerbaren Energien innerhalb von 10 Jahren zu verdoppeln und den Anteil von gegenwärtig 17 Prozent am Energiemix auf 35 Prozent zu steigern. Merkel: “We can be the first industrial country to make the transition into an age of highly efficient and renewable energy.” Die Kanzlerin habe versprochen, die Regierung werde bürokratische Abläufe erleichtern und kurzentschlossen helfen, die erneuerbare Energie auszubauen, einschließlich des Netzsystems zum Transport der Energie aus Windkraftanlagen vom windigen Norden in andere Regionen Deutschlands.
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Ich  ahne, was auf Deutschland zukommt. Wir werden die Zeche für diese politische Entscheidung bezahlen müssen. Theoretisch ist die Umstellung auf erneuerbare Energien möglich, vorausgesetzt, dass man den entsprechenden Preis dafür bezahlen kann. Die Atomkraftgegner machen sich in erster Linie Sorgen um ihren persönlichen Stromverbrauch, der Bedarf der Industrie, die ihnen die Voraussetzung für ein Leben im Wohlstand geliefert hat, ist ihnen fremd. Der Atomausstieg wird uns noch lange beschäftigen.

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